Une série allemande aussi haletante que 24h chrono qui retrace les aventures en pleine Guerre Froide d'un jeune soldat est-allemand infiltré dans l'armée ouest-allemande :
le jeudi 15 mars 2018, les élèves haut normands participant à Kinema 2017-2018 auront le privilège de rencontrer Felix Knopp qui incarne le personnage de Paul dans Über uns das All, ainsi que Morgan Simon, le réalisateur de Compte tes blessures, deux des trois films étudiés dans le cadre de Kinema 2018:
Felix Knopp
Felix Knopp, Sandra Hüller, Georg Friedrich, Jan Schomburg, respectivement acteurs et réalisateur de Über uns das All Felix Knopp a consacré une grande partie de sa carrière au théâtre, en particulier au Thalia Theater de Hambourg mais a également collaboré à plusieurs films, téléfilms, ainsi qu'à la série policière Tatort:
Felix Knopp war ein Star am Thalia Theater. Jetzt ist er freiberuflich unterwegs, zu sehen in "My Darkest Star", "Die Räuber" und "Woyzeck".
Hamburg. Die Haare sind etwas zerzaust, aber das ist Felix Knopp egal. Mit solchen Äußerlichkeiten hat er sich noch nie aufgehalten. Zehn Jahre lang zählte der Schauspieler unter den Intendanten Ulrich Khuon und Joachim Lux zu den wichtigen Protagonisten am Thalia Theater. Seit eineinhalb Jahren arbeitet er als freier Schauspieler. Bei einem Ingwertee im Café unter den Linden erzählt Knopp, 37, über Erfahrungen, Pläne und musikalische Ambitionen. Morgen steht er mit dem Depeche-Mode-Programm "My Darkest Star" auf der Bühne im Nachtasyl.
Hamburger Abendblatt: Seit Sie das Thalia-Ensemble verlassen haben, arbeiten Sie als freier Schauspieler. War das die richtige Entscheidung?
Felix Knopp: Ja, auf jeden Fall. Es tut mir sehr gut, dass ich aus diesem Theaterumfeld raus bin und aus dem Druck zu spielen, zu proben und immer neu zu produzieren. Andererseits bin ich weiterhin dem Haus verbunden, weil "Woyzeck", "Draußen vor der Tür" und "Die Räuber" noch auf dem Spielplan stehen. Ich wollte damals die Perspektive wechseln. Das ist gelungen und tut mehr als gut. Zudem war ich schlicht erschöpft. Das merke ich selbst jetzt noch.
Was ist der Vorteil dieser neuen Freiheit?
Knopp: Vorher war natürlich mehr Sicherheit da, jetzt trage ich mehr Eigenverantwortung. Damals bekam ich festes Gehalt, aber dafür wurde der Spielplan ohne mich gemacht. Geht ja auch nicht anders. Jetzt werde ich von der Disponentin angerufen und gefragt, ob der Termin passt oder nicht. Das verändert das Bewusstsein für eine einzelne Vorstellung immens, ich gehe sehr viel bewusster auf jeden dieser Abende zu.
Ihre Entscheidung, das Thalia zu verlassen, hatte auch damit zu tun, mehr Filme drehen zu können. Mit wem haben Sie vor der Kamera gestanden?
Knopp: Ich habe schon 2011 "Schwestern" mit Maria Schrader gedreht. Der Film hat lange in der Postproduktion gebraucht und kommt im Sommer in die Kinos. Hab ihn noch nicht gesehen. Ende März kommt ein Thriller von Isabel Kleefeld ins Fernsehen, den ich mit Caroline Peters und Wolfram Koch gedreht habe. Aber mindestens genauso wichtig wie diese Dreharbeiten ist mir, dass ich das Reisen entdeckt habe.
Sind Sie vorher nicht gereist?
Knopp: Als fest angestellter Schauspieler war das nicht so einfach. Du hast im Sommer nur sechs Wochen Ferien. Da bist du dann meistens erschöpft, oder man will was Kleines drehen, oder du spielst doch in Salzburg bei den Festspielen. Außerdem ist dann Hochsaison, und einige Ziele scheiden aus. Eine Asienreise ist zum Beispiel im Sommer eher schwierig. Diese Reisen hole ich nun gnadenlos nach. Ich war im vergangenen Jahr schon in den USA und Kanada, im März fahre ich einen Monat lang nach Indien. Aus diesem Wechsel zwischen intensiver Arbeitsphase und dem Reisen entsteht so eine Art Inselleben.
Ziehen Sie bei diesen Reisen etwas für Ihre Kunst heraus?
Knopp: Ich sammele natürlich. Aber es geht hauptsächlich um etwas anderes auf diesen Reisen. Die Arbeit am Theater ist sehr konzentriert, dort geht es darum, einen Text in seiner Tiefe auszuloten. Mehr die Maulwurfsarbeit. Reisen sind das Gegenteil, weil sich Horizonte öffnen, ich ständig mit neuen Kontexten konfrontiert werde. Die größte Schwierigkeit ist aber gerade, das Nichtstun zu lernen. In mir sitzt ein Motor, der nur schwer zur Ruhe kommt. Ständig gibt es da eine Stimme in mir, die sich und der Welt beweisen muss, dass irgendetwas läuft. Ich hatte vor Kurzem so einen Moment, an dem ich auch körperlich gespürt habe: Du musst das mal loslassen. Einfach nichts tun!
Sind Schauspieler Getriebene?
Knopp: Ich kenne viele. Aber es entspricht sicher auch dem Zeitgeist. Ständig muss was "laufen". Mir fällt dazu eine Kinderbuchfigur ein, der Mäuserich Frederick. Der hängt auf einer Mauer rum, während die anderen Mäuse arbeiten, und beobachtet. Am Ende des Winters, als alle Vorräte aufgebraucht sind, stellt Frederick sich auf ein Podest und fängt an zu erzählen, was er alles beobachtet hat, und man merkt, wie beseelt die anderen Mäuse sind. Genau dieses Abhängen ist einerseits so wichtig und anderseits so schwer. Das ist bei mir gerade dran. Ich habe mir in einer Buchhandlung heute diese Karte gekauft. Darauf steht: "Heute leiste ich nichts, gar nichts." Die stecke ich mir an den Spiegel.
Das klingt nach einem teilweisen Ausstieg, um den Blick zu öffnen.
Knopp: Genau. Ich weiß, warum ich gerade nicht am Theater bin. Ich finde das Theater aber immer noch toll. Ich war gerade in München und habe dort Sandra Hüller und meinen ehemaligen Thalia-Kollegen Thomas Schmauser in einem Sarah-Kane-Stück gesehen. Es hat mich stolz gemacht zu sehen, mit welcher Hingabe sie spielen und wie sie sich in die Arbeit werfen. Aber ich bin froh, im Moment nicht dabei zu sein. Mein Blick aufs Theater ist so liebevoll wie lange nicht mehr. Genau das verdanke ich sicher meinem Abstand.
Wann kommt der Moment, in ein Ensemble zurückzukehren? Zu Karin Beier?
Knopp: Never say never. Aber ich kann mir das im Moment nicht vorstellen. Außerdem spiele ich am Thalia.
Würde ein Wechsel ans Schauspielhaus Ihnen wie Verrat vorkommen?
Knopp: Generell ja. Andererseits kann man so ein Engagement kaum ablehnen, wenn man von einem Regisseur angefragt wird, den man schätzt oder zu dem es schon eine engere Verbindung gibt. Das wäre sonst eine etwas sentimentale Sicht von Vereinstreue. Ich bin da unsentimental. Für den Moment kann ich das ausschließen.
Morgen spielen Sie wieder das Musikprogramm "My Darkest Star". Hatten Sie diesen Traum vom Rockmusiker?
Knopp: Im Kleinen konnte ich ihn mir ja mit "My Darkest Star" verwirklichen. Der alte Traum, mit einem Bus auf Tour zu sein, steht allerdings noch aus. Aber wenn ich so Geschichten von meinen erfahrenen Bandkollegen höre, ist es vielleicht gar nicht so schlimm, dass ich das bisher verpasst habe. Unerfüllte Träume sind ja auch was Schönes.
Lillebil Christensen und Leopold von Ledebur in Christian Wahnschaffe, Teil 1: Weltbrand von Urban Gad
In der Retrospektive zeigen Sie knapp 30 Filme. Von diesen werden in den klassischen Darstellungen des Weimarer Kinos allerdings die wenigsten erwähnt. Siegfried Kracauer behandelt in seinem Buch „Von Caligari zu Hitler“ gerade einmal zehn der Filme, die in derRetrospektive laufen, Lotte Eisner in ihrer „Dämonischen Leinwand“ sogar nur sechs oder sieben. Wollen Sie den Kanon sprengen?
Wir wollen den Blick tatsächlich weiten. Wichtige Kriterien bei der Vorbereitung waren: Wo sind außerhalb des Kanons interessante Entdeckungen möglich? Und welche dieser Filme überzeugen heute noch so, dass wir sie dem Berlinale-Publikum vorstellen möchten? Mit dieser Fragestellung haben wir uns selten gezeigte Archivkopien angesehen, aber auch aktuelle Restaurierungen, durch die manche Filme überhaupt erst wieder zugänglich werden. Ausgewählt haben wir beispielsweise den in Vergessenheit geratenen und jetzt rekonstruierten zweiteiligen Film Urban Gads, der auf Jakob Wassermanns literarischer Vorlage von 1919 „Christian Wahnschaffe“ basiert: Christian Wahnschaffe, Teil 1: Weltbrand und Christian Wahnschaffe, Teil 2: Die Flucht aus dem goldenen Kerker. Der Titel „Weimarer Kino – neu gesehen“ hat für uns aber noch eine weitere Bedeutung. Selbst viele der kanonischen Werke jener Zeit waren lange Zeit nur in schlechtem Zustand verfügbar. Die zunehmende Zahl hochwertiger digitaler Restaurierungen macht es jetzt möglich, auch scheinbar bekannte Filme neu zu entdecken. Es ist außerordentlich spannend, einen Film, den man zu kennen glaubt, plötzlich in einer Version zu sehen, die in ihrer Qualität womöglich nicht weit entfernt ist von der Premierenkopie.
Bei der Vorbereitung einer Retrospektive stehen Sie in Kontakt mit zahlreichen Institutionen. Inwieweit konnten Sie von vorangegangenen Initiativen zu einer Neubewertung der Filmgeschichte in Deutschland profitieren?
Die Grundlage dieser Retrospektive ist die Arbeit der Filmarchive, die sich ja nicht darauf beschränken, nur die Meisterwerke zu bewahren, sondern das Ziel haben, die ganze Bandbreite des Weimarer Kinos zugänglich zu machen. Anregungen für die Vorauswahl der Filme lieferten unter anderem die vom Hamburger CineGraph kuratierte Reihe „The Other Weimar“ beim Stummfilmfestival in Pordenone 2007 mit 15 Stummfilmen und die mehr als 70 Filme umfassende Retrospektive „Weimar Cinema, 1919–1933: Daydreams and Nightmares“ im Museum of Modern Art von 2010/11, an der auch die Deutsche Kinemathek mitgewirkt hat. Hilfreich war auch die Reihe „Wiederentdeckt“, in der CineGraph Babelsberg seit 25 Jahren im Berliner Zeughauskino regelmäßig wenig bekannte Filmproduktionen aus dieser Epoche vorstellt.
Quelle: Filmmuseum München
Jack Trevor, Brigitte Helm und Anita Haldern in G. W. Pabsts Abwege
Die Filmindustrie in Deutschland war zwischen den Weltkriegen die produktivste Europas. Dementsprechend groß dürfte der Fundus sein, der Ihnen zu Verfügung stand. Unter welchen thematischen Gesichtspunkten haben Sie die Filme ausgewählt?
Deutschland hatte in den 1920er Jahren die höchste Zahl an Kinos in Europa und produzierte für ein Massenpublikum von bis zu zwei Millionen Zuschauern täglich, die sich vor allem Unterhaltungsfilme ansahen. Uns interessierten besonders Themen, die sich quer durch die unterschiedlichen Genres und Filmstile dieser blühenden Filmwirtschaft ziehen. In die Vorauswahl haben wir über 200 Filme einbezogen. Die 50 bekanntesten Titel des Weimarer Kinos haben wir dabei von vornherein ausgeschlossen – es sei denn, sie wurden in jüngerer Zeit restauriert, wie das beispielsweise bei G. W. Pabsts Abwege (1928) wie auch bei Kameradschaft (1931) der Fall ist. Schließlich haben wir drei Schwerpunkte ausgewählt und uns auf diese konzentriert: „Alltag“, „Geschichte“ und „Exotik“. Ein besonderes Augenmerk legten wir zudem auf experimentelle Ansätze bei der Gestaltung der Filme, beispielsweise im Umgang mit Ton, der ja in dieser Zeit eingeführt wurde.
Quelle: Deutsche Kinemathek
Brüder von Werner Hochbaum
In welchen Formen kommt der Alltag in den ausgewählten Filmen denn zum Ausdruck? Es sind doch mehrheitlich Spielfilme, die Sie zeigen, und nur wenige Dokumentarfilme. Oder gibt es auch Mischformen?
Mit ihrer Hinwendung zur Neuen Sachlichkeit haben in diesen Jahren viele Spielfilme die Wirklichkeit in ihre Geschichten einfließen lassen. Das gilt beispielsweise für Werner Hochbaums ausschließlich mit Laien besetzten Film Brüder(1929), der vor dem Hintergrund des Hamburger Hafenarbeiterstreiks von 1896/97 den Alltag im Hamburger Hafen zeigt und darüber einen stark dokumentarischen Stil und Gehalt gewinnt. Vielen der Filme ist es ein Anliegen, soziale Fragen anzusprechen. So wollte etwa Gerhard Lamprecht mit seiner Berliner Kindertragödie Die Unehelichen (1925) sehr realitätsnah das Leben der unterschiedlichen Klassen, der Arbeiterschaft und des Bürgertums, abbilden. Alexis Granowskys Das Lied vom Leben (1931), der stark zum Experimentellen tendiert, sorgte für einen Zensurskandal vor allem, weil er dokumentarische Bilder einer Geburt in einem Kreißsaal enthält. Sprengbagger 1010 (Karl-Ludwig Acház-Duisberg, 1929), mit der Maschinenmusik des Schönberg-Schülers Walter Gronostay ebenfalls ein Film-Experiment, ist in der Darstellung der technischen Abläufe im Braunkohle-Tagebau ungemein nah am Alltag, obwohl er ansonsten keinen realistischen Anspruch verfolgt. Immer wieder erleben wir auch die Verflechtung einer melodramatischen oder einer humorvollen Geschichte mit dem Alltag. Am unmittelbarsten scheint der Alltag aber in einem Kurzfilmprogramm auf. Hier findet man weitgehend ungefiltert das Berlin um 1930, das man hätte wahrnehmen können, wäre man damals einen Tag lang durch die Straßen geschlendert. Es führt zum Wittenbergplatz in Markt in Berlin (Wilfried Basse, 1929) und zum Alexanderplatz in Alexanderplatz Überrumpelt (Peter Pewas, 1932-34), aber auch in verrufenere Ecken der Stadt in Polizeibericht Überfall (Ernö Metzner, 1928).
Quelle: taglicht media GmbH
Im Auto durch zwei Welten von Clärenore Stinnes und Carl-Axel Söderström
Und in welche Weltgegenden führen uns die exotischen Filme?
In nahezu alle. Und dies allein schon in dem Dokumentarfilm Im Auto durch zwei Welten (Clärenore Stinnes, Carl-Axel Söderström, 1927-31), der auf einer von Clärenore Stinnes tatsächlich durchgeführten Weltreise beruht. Dabei handelt es sich um eine Dokumentation des Exotischen, die aus unserer Sicht sowohl herausfordernd wie auch manchmal fragwürdig ist. Das gilt auch für Menschen im Busch(Friedrich Dalsheim, Gulla Pfeffer, 1930), einer ethnologischen Studie in Togo. In einer langen Eröffnungssequenz spricht der letzte Gouverneur der einstigen deutschen Kolonie und erschüttert heutige Zuschauer*innen mit seinem rassistisch und kolonialistisch geprägten Weltbild. Im Anschluss daran gehen Ethnologin Gulla Pfeffer und Expeditionsleiter Friedrich Dalsheim neue Wege und lassen die porträtierte togolesische Familie selbst zu Wort kommen, statt aus dem Off zu kommentieren. Diese Zweideutigkeiten, Ambivalenzen – gerade auch des Dokumentarischen, soweit es sich um exotische Themen handelt – werden im Programm deutlich sichtbar. Dabei haben wir versucht, die Vielfalt der Genres darzustellen und zu zeigen, mit welch unterschiedlichen filmischen Mitteln man sich an diese fernen Wirklichkeiten anzunähern versuchte. Das reicht vom ethnologischen Ansatz in Menschen im Busch bis hin zu dem exotisch daherkommenden Spielfilm Opium (Robert Reinert, 1919), der nahezu vollständig im Studio entstand und in dem die chinesischen Protagonist*innen von deutschen Schauspieler*innen verkörpert werden. In ihm ist viel Klischeehaftes enthalten – ein Asienbild, das mehr mit damaligen Fantasiewelten und Sehnsüchten zu tun hat als mit der Wirklichkeit.
Überraschenderweise zählen Sie aber auch die Alpen zu den exotischen Weltgegenden.
Der Bergfilm ist natürlich auch eine Spielart des Exotischen, gerade in den 1920er und frühen 1930er Jahren. Der Kritiker Béla Balázs hat sich für Bergfilme zum Beispiel von Arnold Fanck eben deshalb so begeistert, weil sie für ihn ein Genre repräsentierten, das weit über die Konventionen des Spielfilms hinausging. Für ihn waren die Narrationen deutlich weniger wichtig als die Darstellungen einer Realität, die den Städtern nicht zugänglich war. An Leni Riefenstahls fantastischer Berglegende Das blaue Licht(1932) hat er als Co-Autor sogar mitgewirkt. Auch das 2016 restaurierte Bergdrama Der Kampf ums Matterhorn (Mario Bonnard, Nunzio Malasomma, 1928), basierend auf der realen Geschichte der Erstbesteigung des Matterhorns, ist letztlich die Darstellung einer für die Menschen damals ganz exotischen Welt – fast genauso exotisch wie das Indien im Spielfilm Die Leuchte Asiens (Franz Osten, 1925), der Episoden aus der Jugend des Gautama Buddha erzählt und zugleich einen touristischen Blick auf das Land wirft.
Nun waren die 1920er und frühen 1930er Jahre eine politisch aufgeregte und konfliktreiche Zeit. Spiegelt sich das in den Filmen wider?
Ja, durchaus. Das Lied vom Leben oder Brüder nehmen explizit auf die damals aktuelle politische Situation Bezug. Wenn Hochbaum einen Hafenarbeiterstreik um 1900 rekonstruiert, hat das zugleich sehr viel mit der politischen Realität zu tun, in der sich die Filmemacher selbst bewegten. Ich denke, dass sogar eine charmante Tonfilmoperette wie Ihre Majestät die Liebe (Joe May, 1931) auf ihre Weise vom Alltag spricht. Es ist eine von vielen Tonfilmoperetten, die auf eine sozial sehr schwierige Situation blickten und auch Klassenverhältnisse spiegeln. Und einen Film wie Die Unehelichen wird man ohne weiteres als sozialkritisch bezeichnen dürfen.
Auch der Blick auf die Historie war damals häufig politisch geprägt. Aus welchen Perspektiven schaut dieRetrospektive auf die geschichtliche Vergangenheit zurück?
Die historischen Filme in unserer Auswahl eint, dass ihre Hauptfiguren in der Regel Antihelden sind, gebrochene Charaktere. So etwa in Heimkehr (Joe May, 1928), wo es um die Rückkehr der Männer aus dem Ersten Weltkrieg geht und um die Frage, was diese Rückkehr für eine Frau bedeutet, die jahrelang auf ihren Mann gewartet hat. In Die andere Seite (Heinz Paul, 1931) spielt Conrad Veidt einen britischen Offizier, der vom Krieg schwer traumatisiert und dem Alkohol verfallen ist. Wir sehen hier durchweg Figuren, die reflektieren und Menschliches, Tragisches zeigen. Das macht diese Filme so stark und auch heute noch interessant. In dieser Hinsicht ist Ludwig der Zweite, König von Bayern (Wilhelm Dieterle, 1930) einer der bewegendsten Filme, wenn er den Märchenkönig als eine gebrochene Figur, immer in der Nähe zum Irrsinn, zeigt. Besonders sehenswert ist auch Der Katzensteg (1927) von Gerhard Lamprecht. Wir nehmen ja von Preußenfilmen an, dass sie in einer bestimmten ungebrochenen Tradition die preußischen Tugenden verherrlichen. Aber dieser Film ist vollkommen anders: Er hat überhaupt keine Sympathie für preußische Tugenden, sondern schaut hinter diese Fassade und erzählt ganz bitter eine Geschichte aus den antinapoleonischen Kriegen – das ist die Aufkündigung jeder Verherrlichung. Und selbst der in Geiselgasteig realisierte Historienfilm Der Favorit der Königin (Franz Seitz sen., 1922), in dem man die Münchener Antwort auf die Babelsberger Großproduktionen sehen kann und der im England des 16. Jahrhunderts spielt, ist 1922 ein Verweis auf eine Gegenwart, die in Unordnung ist, die nach Geschichten verlangt, die Ambivalenzen aufweisen. Das macht diese Epoche bis heute so faszinierend und erinnert uns auch immer wieder an die jetzige Zeit. Diese Darstellungen einer polarisierten Gesellschaft sind hochaktuell.
Alle Kreise erfasst Tolirag von Oskar Fischinger (1933/34) ist Teil des Kurzfilmprogramms „Experimente mit Ton und Farbe“
Die Jahre zwischen 1918 und 1933 waren auch eine Zeit der rasanten filmtechnischen Entwicklung. Sind in der Retrospektive auch solche technischen Neuerungen zu bestaunen?
Am reizvollsten treten sie wohl im Kurzfilmprogramm „Experimente mit Ton und Farbe“ zutage. In dieser Auswahl sind unter anderem Arbeiten von Avantgardekünstlern wie Hans Richter und Oskar Fischinger zu sehen. Das Programm beginnt mit Filmen von 1922, die mit den damals bekannten Möglichkeiten, Filme farbig zu gestalten, arbeiten – also mit Virage und Kolorierung. Es folgen Filme, die die neuen Farbverfahren vorstellen, die Ende der 20er Jahre in Deutschland entwickelt wurden – darunter das seltene Zweifarben-Verfahren von Sirius-Kleuren. Damit schreiben wir auch unsere Technicolor-Retrospektive fort: In Hollywood wurde ja damals das Zwei-Farben-Technicolor-Verfahren entwickelt. Ufacolor und Gasparcolor, die wir hier nun präsentieren, waren konkurrierende Techniken. Seiner Zeit voraus war der Münchener Tonfilmer Rudolf Pfenninger, auf dessen Experimente mit einer auf den Filmstreifen gezeichneten „Tönenden Handschrift“ sich später Avantgardisten wie Malcolm McLaren ausdrücklich bezogen haben.
Das GroßstadtdramaMorgen beginnt das Lebenist erkennbar der jüngste Film der Retrospektive. Er spielt am 21. April 1933 und wurde tatsächlich erst nach dem 30. Januar, also nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, gedreht. Warum läuft er in einer Retrospektive mit Filmen der Weimarer Republik?
Quelle: Deutsche Kinemathek
Erich Haußmann in Morgen beginnt das Leben von Werner Hochbaum
Morgen beginnt das Leben(Werner Hochbaum, 1933) ist ein Film, der die Stärken des Weimarer Kinos in seiner Bildsprache und seiner Experimentierfreude noch einmal aufgreift. Gleichzeitig verweist er auf das, was am Anfang der NS-Herrschaft im Kino gerade noch möglich war – eine Vielfalt, die nach kurzer Zeit ausgeschaltet wurde. Er führt noch einmal vor Augen, was im Kino hätte sein können, wenn nicht diese Entwicklung durch die Nationalsozialisten unterbrochen worden wäre. Er ist für uns eine Art Schlusskommentar.
Morgen beginnt das Leben ist ein gutes Stichwort, um in die nähere Zukunft zu blicken. Welche Folgen wird die Retrospektive für die filmischen Neuentdeckungen haben?
Wir haben die begründete Hoffnung, dass unsere Auswahl andere Festivals und Programmkinos dazu anregen wird, Filme aus dem Programm zu zeigen. Dazu zählen ja zahlreiche Filme, die noch niemals außerhalb Deutschlands liefen und die mit den für die Berlinale angefertigten englischen Untertiteln erstmals einem internationalen Publikum zugänglich sind. Auch haben wir mit der Auswahl schon ein weiteres Projekt angestoßen. Von Der Katzensteg ist bei der Berlinale noch eine 16-mm-Kopie zu sehen, aber demnächst wird der Film – basierend auf überliefertem 35-mm-Material – restauriert. Das zählt natürlich zum Schönsten bei einer Retrospektive, wenn sie einem alten Film zu neuem Leben verhelfen kann.
On est loin de Michèle Bernard-Requin chez Depardon (Délits flagrants, 10e chambre), on retrouve le rire grinçant de Strip Tease qui ne laisse pas forcément très à l'aise mais quelle femme, cette Anne Gruwez!